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Die Kreatur aus dem Keller

19 octubre, 2024

Als Sofia in das alte Haus ihrer Tante zog, dachte sie, es würde ein neues und aufregendes Kapitel in ihrem Leben sein. Das Haus, mit seiner abgenutzten Ziegelstruktur und den vergitterten Fenstern, hatte einen eigenartigen Charme. Doch schon am ersten Tag wurde ein Gefühl der Beklemmung offensichtlich. Die Atmosphäre war dick von einer dichten Stille, als ob das Haus dunkle Geheimnisse verbarg.

In der ersten Nacht, während sie versuchte zu schlafen, hörte sie ein leises Flüstern aus dem Keller. Obwohl sie beschloss, es zu ignorieren, konnte sie das Gefühl nicht abschütteln, dass im Dunkeln etwas mehr war. Am nächsten Tag beschloss sie, das Haus zu erkunden, und als sie den Keller erreichte, spürte sie einen Schauer über ihren Rücken laufen. Die Tür stand einen Spalt offen, als ob jemand zuvor dort gewesen wäre. Mit klopfendem Herzen stieg sie die Treppe hinunter.

Der Keller war ein bedrückender Ort, mit kalten, feuchten Wänden. Als sich ihre Augen an das schwache Licht gewöhnten, bemerkte sie einen alten Kleiderschrank in einer Ecke. Sie näherte sich vorsichtig, und als sie ihn öffnete, fand sie nur ein paar Kisten mit Schrott und Staub. Doch als sie die Tür des Kleiderschranks schloss, hörte sie ein leises Geräusch hinter sich, wie ein Kratzen. Sie drehte sich um, aber da war nichts.

Die Tage vergingen, und die Flüstern wurden intensiver. Jedes Mal, wenn sie sich dem Keller näherte, fühlte sie einen unerklärlichen Drang. Neugier und Angst kämpften in ihr. Eines Nachts beschloss sie, festzuhalten, was geschah. Mit ihrem Handy in der Hand ging sie erneut in den Keller und begann aufzunehmen, während sie leise über die Geräusche und ihr wachsendes Unbehagen sprach.

Während sie sprach, hörte sie ein klares Flüstern, das schien, als würde es ihr antworten. “Hilf mir,” sagte eine verzerrte Stimme. Entsetzt trat Sofia einen Schritt zurück. Doch die Stimme hörte nicht auf, und in einem Anfall von Mut näherte sie sich dem Kleiderschrank. “Wer ist da?” fragte sie, aber die einzige Antwort war eine überwältigende Stille.

In der nächsten Nacht beschloss sie, dass sie so nicht weitermachen konnte. Sie ging wieder in den Keller, diesmal mit einer Taschenlampe. Als sie den Raum erleuchtete, bemerkte sie, dass die Wände mit seltsamen Zeichen bedeckt waren, als ob jemand versucht hatte zu entkommen. Die Luft wurde kälter, und das Flüstern begann zu steigen, in ihrem Kopf widerhallend. “Hilf mir, Sofia.”

Verzweifelt rief Sofia: “Was willst du von mir?” In diesem Moment schwang der Kleiderschrank plötzlich auf, und ein Schatten schlüpfte auf sie zu. Es war eine verschwommene Gestalt mit dunklen, tiefen Augen, die sie intensiv anstarrten. Eine lähmende Angst ergriff sie, als das Wesen seine Hand nach ihr ausstreckte.

In einem Anfall von Panik rannte Sofia aus dem Keller und schlug die Tür hinter sich zu, während sie versuchte, die Echos ihres eigenen schnellen Atems auszublenden. Doch das Wesen flüsterte weiter und rief ihren Namen. Das Haus begann zu vibrieren, und der Boden schien sich unter ihren Füßen zu verschieben.

Entschlossen, den Horror zu beenden, kehrte sie ein letztes Mal in den Keller zurück. Mit einer Taschenlampe in der Hand und ihrem Herzen in der Kehle näherte sie sich dem Kleiderschrank. Als sie ihn öffnete, war das Wesen nicht da, aber sie fand ein altes Tagebuch. Die Seiten waren mit Kritzeleien gefüllt, die von jemandem geschrieben wurden, der in diesem Haus gefangen war, jemandem, der Hilfe gesucht hatte.

Der letzte Eintrag lautete: “Vertraue der Dunkelheit nicht. Sie will nicht befreit werden.” Sofia spürte, wie die Luft schwer und kalt wurde. Sie sah zurück und erblickte die Gestalt des Wesens, jetzt deutlicher, seine Augen zwei dunkle Brunnen, die ihr eigenes Elend widerspiegelten. “Ich brauche dich,” sagte es mit einer Stimme, die tief in ihrem Geist widerhallte.

In einem Augenblick verwandelte sich alles in Chaos. Das Wesen stürzte sich auf sie, und Sofia fühlte, wie ihr Wesen in die Dunkelheit verschwand. In diesem Moment erkannte sie, dass das Haus Besitz von ihrem Geist ergriffen hatte, dass ihre Essenz im Keller zusammen mit dem Wesen gefangen war.

Als die Lichter im Haus schließlich ausgingen, hüllte Stille den Ort ein. Nachbarn, die Sofias Schreie gehört hatten, kamen, um nachzusehen. Sie fanden das Haus leer, als wäre es nie bewohnt gewesen. Doch im Keller blieb das Tagebuch offen, mit dem letzten Eintrag: “Vertraue der Dunkelheit nicht.”

Als der Wind wehte, ging das Echo von Sofias Flüstern in der Nacht verloren und erinnerte alle daran, dass manchmal das, was in der Dunkelheit lauert, nicht befreit werden will.